Frauen und Krafttraining, Teil 1

Klischees – Körperzusammensetzung – Trainingsumsetzung

„Ich will abnehmen, straffere Beine, Po und Arme haben, also trainiere ich eher auf dem Crosstrainer. Krafttraining mag ich nicht so, denn ich will ja keine Muskeln bekommen. Das ist unschön – außerdem bekomme ich schnell Muskeln. Den Bauch will ich auch flach und straff bekommen.” …so klingen meist Worte aus dem Munde einer Frau. 8 von 10 Frauen würden diese Aussage wohl mit einem „Ja, genau – das will ich auch!” kommentieren. Sind Sie weiblich und lesen diesen Artikel, so können Sie sich bestimmt selbst damit identifizieren. Doch was ist dran an dieser Aussage? Sollten zudem Männer und Frauen unterschiedlich trainieren?

Die Antwort lautet: NEIN.

Unterschiedlich ist lediglich das Vokabular bzw. die Wortwahl bei Mann und Frau. Bei den Männern heißt es: „Ich trainiere auf Masse.“ – Bei den Frauen heißt es: „Ich will straffen.“ Gemeint ist jedoch exakt das gleiche: der Aufbau von Muskelmasse. Männern kommt der Ausdruck „Muskelmasse“ also entgegen, Frauen haben jedoch meist schon mit dem Wort allein ein Problem. Sobald eine Frau hört „durch diese Übung bekommst Du mehr Muskelmasse“, würden die meisten wohl dankend ablehnen. Sagt man jedoch „durch diese Übung bekommst Du mehr straffes Gewebe“, wäre das genau das richtige! Also merken: keine Angst vor Begrifflichkeiten! „Muskelmasse“ IST „straff“! Nichts anderes gibt den Körperpartien ein straffes Aussehen, als Muskeln. Wollen Sie es also straffer, brauchen Sie mehr Muskeln. Brauchen Sie mehr Muskeln, müssen Sie ein angemessenes Krafttraining betreiben.

Frauen und Arnold Schwarzenegger

„Moment!“ mögen nun einige sagen. „Ich will ja nur mein Fett loswerden, keine ZUSÄTZLICHEN Muskeln bekommen.“ Nun, bei Frauen haben alle Muskelfasertypen (es gibt grob gesagt zwei davon, Typ I und Typ II) eine geringere Querschnittsfläche, als bei Männern. Zusätzlich besitzen bei Frauen die Typ II Fasern nochmals eine geringere Querschnittsfläche, als die Typ I Fasern. Das größte Hypertrophie-Potenzial besitzen jedoch die Typ II Fasern. Dieses „Fachsimpeln“ einfach formuliert bedeutet einfach nur: Frauen können nicht zu muskulös werden!! (zumindest nicht ohne Hilfsmittel, über die man gerne schweigt). Zurück zur Aussage oben, „Ich will ja nur mein Fett loswerden…“. Würde man bei untrainierten Frauen die Fettschicht, beispielsweise an Beinen oder Armen, weg schneiden, so bliebe nicht ein super-straffes, gut proportioniertes Bein (bzw. Arm) übrig, sondern Haut, Knochen und ein kleines – womöglich noch mit interzellulärem Fettgewebe durchzogenes – Muskelchen übrig, das weder leistungsfähig, noch gut proportioniert ist. Zudem kann man die Körperzusammensetzung (Körperfett zu fettfreier Muskelmasse) NUR mit einem angepassten Krafttraining steuern und effektiv beeinflussen! Man will ja nicht nur Fett abbauen, sondern auch „straffen“…

An diesem, vielleicht etwas hart formulierten Beispiel, möchte ich lediglich darstellen, wieso es Sinn macht „dicke Beine“ trotzdem mit Krafttraining zu füttern. Hierbei möchte ich weder generalisieren, noch jemanden angreifen – die Damenwelt möge mir verzeihen. Das gleiche trifft natürlich auch auf Männer zu – nur haben diese wie gesagt auch größtenteils kein Problem mit schwerem Krafttraining. Was genau wie sein oder aussehen „muss“ ist natürlich Geschmacksache und rein subjektiv, aber wir reden ja hier davon, wie man die Figur verbessern kann. Dies alles ist also nicht wertend bezüglich Frauen gemeint, sondern beruht auf jahrelanger Erfahrung und Beobachtung.

Jane Fonda wäre stolz!

Aufgrund der bereits geschilderten „Problematik“ des Muskelaufbaus bei Frauen, MÜSSEN gerade sie ein Krafttraining mit schweren Gewichten in Erwägung ziehen, denn NUR SO bauen sich Muskeln auf. Mit leichten Gewichten, irgendwelchen Gummiball-Übungen, langen Spaziergängen auf dem Crosstrainer oder Laufband, Gummibändern, 100-Wiederholungs-Bewegungen oder Fitness-Tänzchen können Sie vielleicht Spaß haben, ein wenig Flüssigkeit verlieren und möglicherweise Jane Fonda beeindrucken, aber an Ihrem Körper wird sich dadurch nichts straffen! Der Muskel benötigt zum „Straffen“ ausreichend hohe Spannungsreize. Diese können nur im Krafttrainingsbereich mit (relativ) schweren Gewichten erreicht werden, nicht mit 2 Kilo-Hanteln oder wackelnden Gummistäben. Diese Dinge haben zwar auch ihre Daseins-Berechtigung, aber den Körper formen oder umbauen können Sie bestimmt nicht (fragen Sie mal durchtrainierte Athleten, ob sie ihren Körper durch Wackelstäbe oder Pezzi-Bälle bekommen haben…).

Knackiger Hintern und straffe Beine

Ein Beispiel: Sie wollen einen knackigen Hintern und straffe Beinebekommen. Diese Muskelpartien sind die stärksten, die wir Menschen haben. Um diese Bereiche „straff“ zu bekommen – sprich Muskeln aufzubauen – sollte man diese nicht dilettantisch mit 10-Kilo-Gewichten belasten und damit 50 oder mehr stümperhaft ausgeführte Wiederholungen absolvieren.Man sollte seine maximale Kraft-Leistungsgrenze (im Fachjargon RM bzw. repetition maximum genannt) bei maximal 12 Wiederholungen erreicht haben – und dementsprechend Gewicht aufladen.Dieses Gewicht bildet dann die Untergrenze. Hiervon ausgehend sollte mit der Zeit nochmals gesteigert werden.

Nun werden in diesem Zusammenhang oftmals folgende Fragen gestellt oder Aussagen getroffen:

1. „Aber ist das nicht zu viel Gewicht?“

Nein, wenn Sie mindestens 6, maximal 12 Wiederholungen mit korrekter Ausführung schaffen, ist es nicht zu viel. Sonst würden Sie es ja nicht schaffen, oder? (vorausgesetzt es liegt im trainierten Bereich kein Beschwerdebild vor)

2. „Aber es tut weh!“

Wenn Sie die Muskulatur meinen – gut so! Zumindest ist es doch leichter, einen Satz von 30 Sekunden Schmerz zu „ertragen“, als dass nach 2 Minuten und gefühlten 1378 Wiederholungen irgendwann das Bein abfällt. Vorteil hier: beim 30-Sekunden-Schmerz bekommen Sie wenigstens richtige Ergebnisse, im Sinne eines straffen und gut aussehenden Beines. Beim 2-Minuten-Schmerz bekommen Sie nichts, ausser einem gut durchbluteten Bein, welches sich in seinem Aussehen dadurch nie ändern wird. Welcher Schmerz wäre Ihnen also lieber – der, der wenigstens auch was bringt oder der, der umsonst ist?

3. „Das gibt aber Muskelkater!“

Da können Sie sicher sein, ja. Muskelkater ist jedoch nichts Schlimmes. Er tritt immer dann auf, wenn Sie etwas Ungewohntes beginnen, neue Trainingsreize setzen, oder lange nichts mehr getan haben. Dies ist jedoch nur anfangs der Fall, daher sollte dies kein Hinderungsgrund sein, endlich korrekt und effektiv zu trainieren. Muskelkater ist zudem auch kein Indiz dafür, ob etwas nun wirklich effektiv war oder nicht. Würden Sie Ihre Muskeln mit grausamen Ausführungen völlig falsch belasten (Hauptsache bewegt), so wäre Muskelkater ebenfalls kein überraschendes Ergebnis. Es ist also weder schlimm, Muskelkater zu bekommen, noch ist er Zeichen eines guten Trainings.

Was sagt die Wissenschaft dazu?

Zum Abschluss dieses ersten Teiles noch einige wissenschaftliche Belege, warum Frauen vor Krafttraining nicht zurückschrecken sollten:

– es gibt Studien (u.a. von Wilmore, 1974), die zeigen, dass nach einem 10-wöchigen Krafttrainingsprogramm eine Reduktion im Umfang an Hüfte, Oberschenkel und Bauch bei Frauen nachgewiesen werden konnte [zu lesen in Fleck/Kraemer, 2004]

– ändert sich durch ein Krafttraining der Umfang nicht großartig, so liegt dies an einer geringen Muskel-Zunahme, bei gleichzeitig geringem Abbau von subkutanem Fettgewebe (Unterhautfettgewebe) – dies entspricht dem Wunsch derjenigen Frauen, die keine Umfangsänderungen, aber festeres Gewebe möchten

– kommt es zu einer größeren Muskelzunahme bei gleichzeitigem Fettabbau an der jeweiligen Körperstelle, so reduziert sich der Umfang, da Muskeln eine höhere Dichte aufweisen, als Fettgewebe (Fleck/Kraemer, 2004) (Fett baut sich nur effektiv ab, wenn der Muskelanteil erhöht wird) – zudem wird durch den erhöhten Muskelquerschnitt von unten auf das darüber liegende Unterhautfettgewebe Druck ausgeübt, sodass selbst ein Bein mit höherem Fettanteil „straff” aussieht (hilfreich bei Cellulite)

Den zweiten Teil gibt es hier: Klick mich

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