Hochintensives Intervalltraining – Der HIIT des Jahres?

High-Intensity-Interval-Training unter der Lupe

Hochintensives Intervalltraining - der HIIT des Jahres?

Zu Beginn jeden Jahres versucht man Prognosen aufzustellen und abzuschätzen, was das Jahr denn so neues bringen könnte. Neuerungen werden meist auch als Trends bezeichnet und Trends werden von uns – wie immer – genau unter die Lupe genommen. Im Fitnessbereich könnte HIIT solch ein Trend 2014 werden. HIIT steht für „high intensity interval training“ (zu deutsch: „hochintensives Intervalltraining“) und ist eine Form kardiovaskulären Trainings (=Ausdauertraining). Ob der mögliche Trend zu empfehlen ist oder nicht und welche Effekte zu erwarten sind, erfahren Sie im folgenden Artikel.

Was ist HIIT?

HIIT ist ein Trainingsprinzip im überwiegend anaeroben Ausdauerbereich mit folgenden Vorgaben:

Kurze, hochintensive Belastungsperioden

im direkten Wechsel mit

weniger intensiven Belastungsperioden

über einen bestimmten Zeitraum

Die Vorgaben der einzelnen Zeitintervalle können hierbei variieren, jedoch werden diese meist im Verhältnis 1:2 oder 1:3 gewählt (z.B. 15 Sekunden hochintensiv und 30 Sekunden weniger intensiv usw.). Insgesamt kann ein HIIT Training zwischen 4 und 30 Minuten dauern. Ein echtes HIIT verlangt wirklich 100% Intensität in den hochintensiven Perioden (beispielsweise ein Sprint mit voller Geschwindigkeit). Setzt man dieses auch so um, wäre eine Dauer von insgesamt mehr als 30 Minuten kein wirkliches HIIT.

HIIT-Versprechungen

„Trend?“ mögen sich nun manche fragen, „das gibt’s doch schon seit längerer Zeit!“. Richtig. „Trend“ wird ja auch u.a. definiert als „eine nachhaltige Entwicklung“ bzw. „eine voraussichtliche Entwicklung der Nachfrage auf dem Markt“ zu einer bestimmten Zeit. Das Prinzip des Intervalltrainings gibt es zwar schon seit langem, jedoch erfreut sich HIIT (eine erweiterte und intensivere Form des Intervalltrainings) erst seit relativ kurzer Zeit größerer Beliebtheit unter den Fitness- und Ausdauersportlern, insbesondere im Hobby-Sport und Heim-Trainings-Bereich. Hauptgründe für diese Beliebtheit und eine steigende Zahl von Anhängern dürften im Wesentlichen Dinge sein, die versprochen werden:

  1. Erhöhter Fettabbau

  2. Geringer zeitlicher Aufwand

  3. Überall durchführbar

HIIT ist auch bekannt als „high intensity intermittent exercise“ (HIIE) oder „sprint interval training“ (SIT) und hat seinen Ursprung im Leistungssportbereich als ein Teil des Athletiktrainings.

Mittlerweile tummeln sich viele verschiedene „Trainingsmethoden“ auf dem Markt, die sich mit diversen Namen als innovative Trainingsform präsentieren und nach und nach wie Pilze aus dem Boden sprießen – Nachfrage bestimmt das Angebot. Jede Methode verspricht wie so häufig die besten Resultate, wobei sich im Grunde alle des gleichen Prinzips bedienen (HIIT) und somit nicht wirklich innovativ sind.

Hochintensives Intervalltraining – Trainingsformen

Die folgende Tabelle stellt einige Beispiele solcher Trainingsformen auf dem Markt dar:

Trainingsform

Vorgaben

Gesamtdauer

Inhalt

Bewertung

Tabata

20sek 100% – 10sek Pause

(=1 Zyklus), insgesamt 8 Zyklen

4 mins Übungen nach Wahl, Kraftübungen

(z.B. Liegestütze) oder Ausdauerübungen

(z.B. Burpees) oder beides in Kombination

+ Effekte möglich bei wirklich wenig Zeitaufwand, aber regelmäßiger Durchführung

– wirklich 100% nötig, sonst wirkungslos

– für Anfänger z.T. weniger geeignet, da bei 100% Intensität die Ausführung oft leidet (z.B. Liegestütze, Jump-Squats) und der Wille komplett an die Grenze zu gehen oft fehlt

– 4min sind etwas kurz

Turbulance Training

Zirkeltraining (Kraft- und/oder Ausdauerübungen),

z.B. 8 Wdh Kraft gefolgt von 1-2min Ausdauer etc.

ca. 45 mins Fokus auf Körpergewichts-übungen, gemischt mit Ausdauerübungen bzw.

Wechsel von 1 Kraft und 1 Ausdauerübung ohne Pause;

auch Kraftübungen mit Hanteln im 8-Wdh-Bereich vorgesehen

+ gute Effekte bei korrekter Durch-/Ausführung

+ verbindet Kraft- und Ausdauertraining ohne Langeweile aufkommen zu lassen

+ je nach Durchführung (z.T. mit Hanteln etc.) ein „normales“ Krafttraining

– hohe Bewegungskompetenz notwendig, um bei hoher Intensität dennoch mit sauberer Ausführung an die Grenze gehen zu können

Bodyrock

Kraftübungen im Wechsel, auch z.T. mit Ausdauerübungen kombiniert,

Intervalle recht kurz, z.B. 20sek-10sek

variabel Ganzkörperübungen mit dem eigenen Körpergewicht oder Zusatzgewichten (leichte Kurzhanteln, Sandbag etc.) im Wechsel ohne oder mit kurzen Pausen -siehe Turbulence Training

Little

60sek hohe Intensität – 75sek niedrige Intensität (=1 Zyklus), insgesamt 12 Zyklen 27 mins Fokus auf Ausdauerdisziplinen wie Laufen oder Radfahren + gute Effekte möglich

+ gut implementierbar im Rad- oder Lauftraining

– 60sek sind recht lang für hohe Intensität (keine maximale Leistung konstant möglich)

Tabelle 1: HIIT-Methoden/ Protokolle

Fettabbau vs. Fettverbrennung

Der Unterschied zwischen HIIT und einem „regulären“ Ausdauertraining liegt in der Gesamtdauer und der Trainingsintensität. Wohingegen ein „reguläres“ Ausdauertraining auf eine lange Trainingszeit (ca. 1 Stunde oder mehr) ohne Pause und eine relativ geringe Intensität setzt (ca. 50-70% der maximalen Herzfrequenz), schreibt ein HIIT kurze Trainingszeiten (4-30min) mit kurzen Pausen (oder weniger intensiven Belastungsphasen im Wechsel) und maximalen Intensitäten (Vollgas) vor. Wie kann jedoch ein HIIT nun dem Anspruch gerecht werden, optimal für die Fettverbrennung zu sein? Insbesondere da es ja immer heißt, die Fettverbrennung (also das System der aeroben Energiegewinnung) startet erst nach ca. 20min?

Nun, wir haben im Grunde zwei Energiebereitstellungssysteme:

Anaerobe Energiegewinnung (“Kohlenhydratverbrennung”)

Aerobe Energiegewinnung (“Fettverbrennung”)

Beide Systeme laufen IMMER parallel ab, jedoch zu unterschiedlichen Anteilen, abhängig von der vorliegenden Belastungsdauer und der Belastungsintensität. „In Ruhe“ über den Tag hinweg liefert größtenteils das aerobe System Energie („Fettverbrennung“, wenn man so will). Zu Beginn einer erhöhten Belastung dominiert zunächst das anaerobe System, da der Körper für das aerobe System erstmal eine bestimmte (erhöhte) Menge an Sauerstoff benötigt, die bei einer plötzlichen Belastung noch nicht bereitgestellt werden kann (abhängig davon, wie intensiv diese plötzliche Belastung natürlich ist).

Sobald diese plötzliche Mehr-Belastung eine kontinuierliche Dauer von 2 mins erreicht hat, übernimmt ab diesem Zeitpunkt überwiegend das aerobe System die Energiebereitstellung und wird überwiegend dominanter, je länger die Belastung dauert (da mit steigender zeitlicher Belastung auch zwangsläufig die Intensität sinkt). Fett wird also nicht erst nach 20min verbrannt.

Ein paar Worte zur Fettverbrennung

Hierbei ist es wichtig, sich über die Begrifflichkeiten im Klaren zu werden. Fettabbau ist im Grunde das, was man meint, wenn man sagt „ich will abnehmen“ – also kontinuierlich und „rund um die Uhr“. Fettverbrennung ist im Grunde das, was IM TRAINING WÄHREND DER BELASTUNG passiert und sagt aus, dass größtenteils im aeroben Bereich trainiert wird.

Entscheidend für einen kontinuierlichen Fettabbau sind 2 Dinge

Energiedefizit (mehr Kalorien verbrauchen als zugeführt wird)

der Nachbrenneffekt (erhöhte “Fettverbrennung” nach dem Training)

Was ist ein Nachbrenneffekt und wie wird er erzeugt?

In der Fachsprache wurde der Nachbrenneffekt lange als Sauerstoffschuld oder Sauerstoffdefizit bezeichnet, da der Körper bei intensiven Belastungen zu Beginn nicht genug Sauerstoff zur Verfügung stellen kann, wie er normalerweise benötigen würde. Dieses Defizit bleibt bei andauernder intensiver Belastung bestehen und wird größer, je intensiver und länger sie dauert. Ist die Belastung dann zu Ende, ist der Körper bemüht dieses Defizit wieder auszugleichen, was eine erhöhte Sauerstoffaufnahme bzw. einen erhöhten Sauerstoffverbrauch über viele Stunden nach der Belastung nach sich zieht.

EPOC = der Schlüssel zum Fettabbau

Mittlerweile trifft der Begriff „Sauerstoffschuld“ jedoch nicht mehr zu, da Untersuchungen einen weitaus höheren Sauerstoffverbrauch nach einer entsprechenden Belastung nachweisen konnten, als das eigentliche anfängliche Defizit aufwies. Dies ist darin begründet, dass im Körper während und nach der Belastung Prozesse ablaufen, die einen zusätzlichen Sauerstoffbedarf verursachen, was wiederum erhöhten Fettabbau bedeutet. Im internationalen Sprachgebrauch wird dies als EPOC bezeichnet (= excess post-exercise oxygen consumption), also ein Sauerstoff-Mehrverbrauch nach einer Belastung (= Nachbrennwert).

Der EPOC-Wert wird beeinflusst von Belastungsdauer und Belastungsintensität, wobei die EPOC-Phase nach hochintensiven Belastungen (z.B. HIIT) größer ist und länger anhält, als dies nach moderaten Belastungen der Fall ist (z.B. kontinuierliches Laufen oder Radfahren im „Fettverbrennungsbereich“). Folgendes Schaubild veranschaulicht dies:

EPOC

Abbildung: Sauerstoffverbrauch und EPOC bei hoher Intensität (Baechle, Earle 2008)

Studien u.a. von Burleson et al.[1] und Melby et al.[2] konnten zudem zeigen, dass intensives Krafttraining ebenfalls einen größeren (positiven) Einfluss auf den EPOC-Wert hat, als ein reines aerobes Ausdauertraining im „Fettverbrennungsbereich“.

Man kann es sich so vorstellen:

Das, was man selbst im lockeren Tempo und „Fettverbrennungsbereich“ auf dem Crosstrainer oder Fahrrad in einer Stunde aktiv leistet, macht der Körper bis zu 38 Stunden lang nach der aktiven Belastung selbst, ohne dass man aktiv dafür etwas tun muss. Der Körper trainiert also während sie zu Hause auf dem Sofa sitzen oder schlafen in diesem „Fettverbrennungsbereich“ noch über Stunden weiter, wohingegen die „1-Stunde-moderat-auf-dem-Crosstrainer-verbringenden-und-nebenher-Zeitschriften-lesenden“ Trainierenden vergeblich auf das Schmelzen ihres Körperfetts warten. Wenn man also bei einer entsprechenden Trainingsform bis zu 38 Stunden nach dem Training noch erhöht Fett verbrennt, warum sollte man dies bei der Zielsetzung „abnehmen“ nicht nutzen?

Fazit

Ein hochintensives Intervalltraining ist definitiv zu empfehlen, wenn man Körperfett verlieren möchte. Grund ist ein erhöhter Nachbrenneffekt, der bei „normalem“ Ausdauertraining mit leichter/moderater, gleichbleibender Intensität fehlt. Ziel muss es sein, den Körper im Training so weit wie möglich aus dem physiologischen Gleichgewicht (=Homöostase) zu bringen, damit er in der Erholungsphase entsprechend viel Energie aufbringen muss, um dieses Gleichgewicht wiederherzustellen. Diese Energie wird dann zum Großteil aus den Fettdepots des Körpers gewonnen.

Simpel ausgedrückt: Treten Sie sich im Training so intensiv wie möglich in den Hintern und sparen Sie sich den Spaziergang im „Fettverbrennungsbereich“ mit „Fettverbrennungspuls“! Dieser ist erstens zu zeitaufwendig und zweitens viel zu unökonomisch, wenn man wirklich Fett verlieren möchte. Insofern bietet HIIT hier eine wunderbare Lösung. Ach ja: hinzukommt, dass (wie oben beschrieben) bei einem HIIT hauptsächlich das anaerobe System beansprucht wird – also Kohlenhydrate verbrannt werden. Wenn Sie also nicht gerne auf Kohlenhydrate verzichten möchten, dann enthalten sie diese ihrem Körper nicht vor, sondern trainieren ihn lieber, damit umzugehen (z.B. mit einem HIIT).

Welche Trainingsmethode man nun auswählt (siehe Tabelle oben), ist zweitrangig. Wichtig ist, hochintensive Belastungsphasen mit weniger intensiven abzuwechseln. Die genauen Zeitintervalle sind auch erstmal sekundär, wobei man sich im Klaren sein sollte, dass Dauer und Intensität sich gegenseitig beeinflussen: will man intensiv (oder in diesem Falle HOCHintensiv) trainieren, so muss die Dauer gering sein. Will man lange trainieren, so muss die Intensität entsprechend gering sein. Wobei der (hohen) Intensität hier natürlich die wichtigere Rolle zukommt.

Beispiel-Trainingsplan, um schnellst- und bestmöglich Fett zu verlieren

  1. Muskelaufbau durch intensives Krafttraining (Erhöhung des Grundumsatzes), 3x / Woche
  2. HIIT: 3min Aufwärmen, 20sek max. Intensität – 60sek moderate Intensität, insges. 20-30min, 1-2x pro Woche (à Nachbrenneffekt) (im Wechsel mit moderatem, kontinuierlichen Training im aeroben Bereich à je nach Person unterschiedlich)
  3. Angepasste Ernährung (Stoffwechseltyp-gerecht, individuelle Kalorienbilanz)

Zu beachten ist dennoch, dass ein leichtes/moderates (Grundlagen-) Ausdauertraining im „Fettstoffwechselbereich“ durchaus ebenfalls wichtig sein kann (abhängig von der Einzelperson), insbesondere zur Verbesserung der maximalen Sauerstoffaufnahme (VO2max). Um wirklich nachhaltige Erfolge zu erzielen und die Gesundheit in allen Belangen aufrecht zu erhalten bzw. aufzubauen, sind individuelle Trainingsvorgaben notwendig! Da die Systeme in unserem Körper voneinander abhängen und zusammenspielen, müssen dementsprechend auch intelligente Trainingsvorgaben gemacht werden.

Funktioniert HIIT für Sie? Zwei Beispiele, zwei unterschiedliche Personen

Person A: Bei einer Person funktioniert der Fettabbau nicht wirklich, da der Körper zwar viel Sauerstoff aufnehmen und weiterleiten kann, die Muskeln hier jedoch der limitierende Faktor sind (zu wenig Muskelmasse, dementsprechend wenig Mitochondrien, die in der Zahl nicht ausreichend sind, um die gewünschte Fettmasse zu verbrennen und abzubauen).

  • Ziel hier: Muskulatur aufbauen, damit der gut funktionierende Fettstoffwechsel (und somit der Nachbrenneffekt) auch gut genutzt werden kann

Person B: Bei einer anderen Person ist zwar genügend Muskelmasse vorhanden, also die „Fettverbrennungs-Maschinerie“, jedoch muss diese Maschinerie erst darauf trainiert werden, das ungewollte Fett als Energie auch verwenden und abbauen zu können.

  • Ziel hier: den Fettstoffwechsel im aeroben Bereich trainieren, damit der Muskel als „Fett-Abbau-Ofen“ genutzt werden kann

Letztendlich ist eine Trainingsempfehlung immer eine individuelle Sache und verlangt – wie immer – einen kompetenten Trainer. Ein HIIT an sich können wir zwar aufgrund der gesicherten und oben erklärten Effekte generell als gut und effektiv bewerten (in Bezug auf Fettabbau und Leistungssteigerung im anaeroben Bereich) und empfehlen, jedoch bietet es keine Komplettlösung und ist abhängig von mehreren Faktoren (Fitnesslevel, Bewegungskompetenz, Körpergefühl, Gesundheitszustand etc.). Grundsätzlich zu sagen man bräuchte nichts anderes als HIIT, um gesund zu sein und Fett abbauen zu können, wäre jedoch genauso falsch wie die Behauptung, man müsse ausschließlich im Hypertrophiebereich (=Muskelaufbaubereich) trainieren und alle anderen Bereiche (IK-Training, Stoffwechseltraining) außer Acht lassen, wenn man maximalen Muskelaufbau als Ziel hat.

Hochintensives Intervalltraining: ein wirklich sinnvoller Trend

Dennoch ist / wird HIIT mal ein guter und sinnvoller neuer „Trend“ sein – auch wenn das Prinzip (und alle Trainingsformen, die sich darauf stützen) alles andere als neu ist (…denn es könnte sein, dass schon zu Urzeiten die Jäger abwechselnd schnell und langsam gelaufen sind… ). Zumindest bis zu dem Zeitpunkt, wenn jeder eine Zeit lang nur nach HIIT trainiert hat und es Zeit für etwas Neues ist…zum Beispiel moderates, langandauerndes Training im aeroben Bereich…


[1] Burleson, M.A. Jr. et al., Effect of weight training exercise and treadmill exercise on post-exercise

oxygen consumption. Medicine and Science in Sports and Exercise 1998; 30: 518-522.

[2] Melby, C. et al., Effect of acute resistance exercise on postexercise energy expenditure and resting

metabolic rate. Journal of Applied Physiology 1993; 75 (4): 1847-1853.

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