Das sogenannte „Faszientraining“ kursiert in den letzten Monaten verstärkt in den Medien. Immer häufiger wird von einem Training mithilfe verschiedener Materialien zur Bearbeitung der Faszien gesprochen. Aber was sind denn eigentlich „Faszien“ und weshalb wird das Training plötzlich so sehr in den Vordergrund gestellt?
Unter Faszien lassen sich die aus Bindegewebe bestehenden Hüll- und Unterteilungsschichten von Muskulatur und Organen verstehen, welche sich wie ein Fasernetz durch den Organismus ziehen. Sie bestehen zum Großteil aus einer Zusammensetzung von kollagenen und elastischen Fasern und beeinflussen die Regulation des Form- und Bewegungsgeschehens in unserem Körper. Verdickte, verhärtete oder verklebte Faszien können zu Schmerzen oder Bewegungseinschränkungen führen. Darum können anhand von Faszientraining Verklebungen gelöst und die Muskulatur leistungsfähiger gemacht werden. Ebenso kann das Training zur Straffung des Bindegewebes als auch zur Verbesserung der Beweglichkeit beitragen.
Welche Trainings- beziehungsweise Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
Bisher gibt es folgende Methoden, die Faszien zu trainieren:
Zum einen kann man die Elastizität der Faszien durch Stretching trainieren. Dabei können einzelne Partien oder ein Ganzkörper Faszienstretching in Erwägung gezogen werden. Dennoch sitzen viele Faszien so tief, dass sie nicht nur mithilfe von Stretching manipuliert werden können. Um auch tiefliegende Faszien zu erreichen bedarf es verschiedener Massagen oder Übungen, die bis in die Tiefenmuskulatur reichen. Ebenfalls kann ein Ball eingesetzt werden, mit dem sich Triggerpunkte intensiver bearbeiten lassen.
Des Weiteren gibt es die sogenannte „Faszienrolle“, welche hilft, Verklebungen innerhalb des oberflächigen Bindegewebes zu lösen. Hierbei wird durch das Rollen auf der Faszienrolle überschüssiges Kollagen aus der Faszie gedrückt und neue Nährstoffe können hineingelangen. Diese Variante ist momentan die gängigste und kann ganz einfach selbstständig durchgeführt werden.
Generell ist jedoch wichtig, sich für die passende Behandlung bei einem Arzt oder Personal -Trainer zu informieren. Dieser entscheidet, welche Art der Behandlung sinnvoll ist und worauf geachtet werden sollte.
Wie man dem vorherigen Abschnitt entnehmen kann, lassen sich die Faszien nicht wirklich „trainieren”, sondern nur „bearbeiten“. Diese etwas unglückliche Formulierung dient dennoch zur Vermarktung einzelner „Trainings- oder Trendprodukte“ und hilft dabei, die neue Trainingsform, welche eigentlich in diesem Sinne keine Trainingsform ist, zu pushen. Korrekt wäre daher der Begriff „Faszienbehandlung“ oder auch „Faszienbearbeitung“, anstelle von „Faszientraining“. So lässt sich der aktuelle Trend aber offensichtlich besser verbreiten.
In vielen Medien wird das Faszientraining als Lösung für vielerlei physischer und sogar zum Teil psychischer Probleme angesehen. Immer häufiger wird ein spezielles Faszientraining in Form von Yoga, Aerobic oder Ähnlichem in Fitnessstudios angeboten. Ebenso verfügt mittlerweile jedes Studio über Faszienrollen zur Selbstbehandlung.
Also doch eher ein Trend
Anhand von Erfolgsberichten lässt sich kaum bestreiten, dass das Training effektiv ist, dennoch kann es nicht als Ersatz eines herkömmlichen Trainings dienen. Es lindert zwar Symptome, ist aber keineswegs eine Ursachentherapie, denn Faszien werden letztendlich durch die Muskulatur beeinflusst und die Muskulatur wiederum durch das Nervensystem und die Lebens- und Trainingsweise. Wer also die Faszien „trainieren“ möchte, sollte zunächst seine Muskeln richtig trainieren und die Körperhaltung korrigieren. Erst dann kann eine zusätzliche Behandlung der Faszien unterstützend und effektiv wirken.
Im Grunde ist das „Faszientraining“ ein etwas übertriebener Trend, um mehr Equipment als auch vermeintlich Neues, wie Faszien-Bewegungskurse, Yoga oder Ähnliches präsentieren und verkaufen zu können. Leider steht das wirtschaftliche Interesse klar im Vordergrund, obwohl die Behandlung an sich ein guter Zusatz ist.
Quellen:
Schwind, P., 2015. Faszien- und Membrantechnik: Handbuch für die Praxis – mit 20 Behandlungsvideos, München: Elsevier, Urban & Fischer